Habt ihr das auch schon einmal erlebt: Ihr sucht nach einem neuen Produkt. Dann findet ihr eins, das nicht nur die Funktion bietet, sondern auch noch „gut für die Umwelt“ ist. Und später müsst ihr feststellen, auf ein Marketingversprechen hereingefallen zu sein, denn Freund:innen in der Kneipe erklären euch empört, dass dieses Produkt ja gar nicht so grün ist, wie versprochen. In etwa so ist es Miriam und Simon ergangen, als sie einen neuen Rucksack gesucht haben.
Speziell, wenn es um Umwelt- und Nachhaltigkeitsthemen geht, ist es für Unternehmen verlockend, sich möglichst optimal zu präsentieren. Da wird schnell mal eine Zahl in den Raum geworfen, die nicht belegt ist, da wird mit leichter Feder eine Umweltwirkung erklärt, die niemand erforscht hat. Und da ist der Vorwurf des Greenwashings, der Grünfärberei, ebenso schnell zur Stelle: Schnell mal die Waschmaschine an und auf ECO drücken – schon erledigt?
Miriam und Simon haben genau darüber im Oktober einen Vortrag bei der Polytechnischen Gesellschaft in Frankfurt gehalten. Im Rahmen der Vortragsreihe „Zukunft Mensch“ sprechen und diskutieren verschiedene Redner:innen über aktuelle und kommende Herausforderungen und über Wege, sie zu bewältigen. Da hat es uns sehr gefreut, als Kommunikationsdesigner:innen zum Thema Greenwashing zu sprechen. Denn Kommunikationsdesign spielt im Greenwashing zumeist eine tragende Rolle, hier ist unsere Verantwortung gefragt!
Greenwashing – Pflegeanleitung
Wir haben in der Greenwashing-Waschmaschine drei Waschprogramme definiert – ohne Anspruch auf Vollständigkeit.
Der Kurzwaschgang
Hier wollen meist große Unternehmen ein Geschäftsmodell kaschieren, das an sich nicht zukunftstauglich oder nachhaltig ist. Ölkonzerne, Luftfahrtgesellschaften und dergleichen wollen weiter wachsen und expandieren. Mit den derzeitigen Methoden gibt es wenig Möglichkeiten, hier glaubhaft für Ökologie und Enkeltauglichkeit einzustehen. – Eine billige Nummer muss her.
Das Pfegeleicht-Programm
Das Prinzip des Trend Surfing: Die Konsument:innen wollen »grüne« Produkte? Also bieten wir ihnen grüne Produkte! Das muss an sich nicht falsch oder schlecht sein. Wenn ein großes Unternehmen aber viele verschiedene Marken führt und plötzlich mit einer einzelnen grünen Marke die Ladenregale bespielt, wie glaubwürdig ist das? Geht es wirklich nur um einzelne Produkte oder gehört zum Grün-sein nicht doch ein umfassendes Handeln als gesamtes Unternehmen?
Das Eco-Programm
In den letzten Jahren sind viele grüne Startups entstanden. Hier spielt eine nachhaltige Idee eine zentrale Rolle im Geschäftsmodell. Zum Beispiel ein Rucksack aus recyceltem Plastik. Tolle Idee, bitte mehr davon! Blöd nur, wenn vor lauter Profitstreben die Versprechen viel größer ausfallen, als die Taten. Oder bestimmte Aussagen auf Nachfrage plötzlich von der Website verschwinden.
»Fake it till you make it« (https://en.wikipedia.org/wiki/Fake_it_till_you_make_it), ist zwar ein dufte agiler Startup-Spruch. Aber als Unternehmen Fakten behaupten und sie nicht belegen können – das riecht ganz frühlingsfrisch nach … Greenwashing.
50 Shades of Green
Es gibt bestimmt noch mehr Programme auf der Greenwash-Maschine. Wir sind gespannt, welche uns und euch noch auf- und einfallen. Schreibt uns gerne in den Kommentaren, welche weiteren Programme ihr findet. Uns ist klar geworden, dass die Vielfalt und »Schwere« (aka Bösartigkeit) des Schönfärbens oft nicht klar zu fassen ist. Wo ist eine Aussage leicht überspitzt, wie in jeder Werbung? Wo ist ein guter Ansatz ein richtiger Schritt weg vom alten Wirtschaften? Wo führt dieser Schritt zur blanken Kunden:innenverspottung ohne Substanz?
Es bleibt also dabei, auch Green gehört in die Buntwäsche, einfache Wahrheiten wären zu schwarz weiß. (Hat jemand noch eine Farbmetapher, um sie hier unterzubringen?)
Das volle Programm im Video
Die genauen Ausführungen und weitere Details und Ansätze zum Umgang mit Greenwashing könnt ihr im Video des Vortrags nachschauen. Das war auf jeden Fall ein toller Vortragsabend und die perfekte Gelegenheit, unser digitales Projekt in die anfassbare Welt zu bringen und im Anschluss mit Marc in Frankfurt den Abend ausklingen zu lassen. Schaut euch gern den Vortrag mit der anschließenden Diskussion auf Youtube an. Viel Spaß!
Kommentare
[…] zum Thema Verantwortung im Kommunikationsdesign angefragt. Zuletzt im Oktober 2022 mit einem Vortrag zum Greenwashing bei der Polytechnischen Gesellschaft in Frankfurt, den Miriam Horn-Klimmek und Simon Wehr […]